06. Juni 2020
Vor 100 Jahren: erste reguläre Reichstagswahlen
Heute vor 100 Jahren, am 6. Juni 1920, fanden die ersten regulären, demokratischen Reichstagswahlen statt. Es war das zweite Mal, dass alle Wahlberechtigten, seit 1918 auch Frauen, in ganz Deutschland an die Urnen gerufen wurden. Doch zeigte die Abstimmung eine Schwäche der Demokratie auf: Kompromisse und zwingend notwendige aber unbequeme Entscheidungen werden von einer ungeduldigen Wählerschaft nur selten honoriert.
Zwei Wahlen in zwei Jahren
Die Wahlen zur Nationalversammlung eineinhalb Jahre zuvor hatten die sogenannte Weimarer Koalition aus Sozialdemokraten, Demokraten und Zentrumspartei mit einer satten Mehrheit ausgestattet. Die Regierungen unter den Reichskanzlern Scheidemann, Bauer und Müller (alle SPD) mussten in der unmittelbaren Nachkriegszeit jedoch große Probleme bewältigen. Die Niederschlagung kommunisitischer Umsturzversuche ließ die Sozialdemokraten wie Verräter aussehen, der Kapp-Lützwitz-Putsch im März zeigte, wie verhasst die Regierung auf der politischen Rechten war. Und durch die Unterzeichnung des Versailler Friedensvertrages verloren die sie tragenden Parteien das Vertrauen in weiten Teilen der Mitte der Gesellschaft.
Das Ende der „Weimarer Koalition“
Die meisten Entscheidungen der Regierung waren aus heutiger Sicht grundsätzlich richtig und notwendig, um die junge Republik zu stabilisieren und einen neuen (Bürger)krieg zu verhindern. Doch sie kosteten der Weimarer Koalition die Mehrheit. Die Aufbruchstimmung der ersten 18 Monate der jungen Republik war dahin.